In Baden-Württemberg leben etwa 11 Millionen Einwohner*innen. Rund 3 Millionen von ihnen sind unter 27 Jahren. Der Landesjugendring hat für die nächste Legislatur des Landtags in Baden-Württemberg von 2026-2031 drei Leitvisionen formuliert, um ihre Interessen gegenüber der Landespolitik zu vertreten.
Wenn wir als Gesellschaft die Bedürfnisse und Rechte von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ernst nehmen und in unsere Entscheidungen einbeziehen, legen wir den Grundstein für eine stärkere, gerechtere und zukunftsfähige Demokratie für alle. Was gut für junge Menschen ist, kommt letztlich allen zugute, heute und in Zukunft.
Die Forderungen übersichtlich in einer Broschüre herunterladen (PDF, nicht barrierefrei).
1. Jugendgerechtes Baden-Württemberg
Als Landesjugendring streben wir ein Baden-Württemberg an, das sich an den Bedürfnissen junger Menschen misst und ihnen eine nachhaltige Lebensperspektive bietet.
Eine Politik, die junge Menschen in den Mittelpunkt stellt, kommt der gesamten Gesellschaft zugute. Eine kinder- und jugendgerechte Politik stärkt nicht nur junge Menschen, sondern auch die Demokratie, fördert Chancengerechtigkeit und trägt zur Gestaltung einer solidarischen Gesellschaft bei.
Junge Menschen sind vielfältig in ihren Hintergründen, Identitäten und Lebensentwürfen. Durch eine jugendgerechte Politik, die diese unterschiedlichen Lebensrealitäten anerkennt und Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ihrer Individualität fördert, entsteht eine vielfältige und inklusive Gesellschaft.
Politik muss junge Menschen ernst nehmen, ihnen Verantwortung übertragen und sie in die Gestaltung unserer Gesellschaft einbeziehen. So werden die Grundsteine für eine lebenswerte, gerechtere und zukunftsfähige Gesellschaft für Baden-Württemberg gelegt.
Kinder und Jugendliche sollen überall in Baden-Württemberg gute Lebensbedingungen vorfinden. Daher fordern wir für unser jugendgerechtes Baden-Württemberg:
- Angebote für junge Menschen, die ihrer Vielfalt gerecht werden und ihnen gleiche Chancen bieten
- Selbstbestimmte, kostenlose Mobilität für junge Menschen schaffen
- Förderung von jungem Wohnen und die Umsetzung des bestehenden Förderprogramms
- Junge Menschen in Gesetzgebungsverfahren beteiligen
- Ganztag vom Kind aus denken
- Ehrenamtskarte jugendfreundlich einführen
- bestehende Freiwilligendienste ausbauen statt ein Pflichtjahr anstreben
- junge Zivilgesellschaft sichtbar machen und aktiv fördern
- mentale Gesundheit junger Menschen stärken
- Nachhaltigkeit und Klimaschutz als Grundlage allen Handelns sehen
- Verbesserung der Ausbildungsqualität durch stärkere Kontrolle und Unterstützung der Betriebe
- Einführung und Sicherstellung einer bundesweit einheitlichen, existenzsichernden Mindestvergütung für Auszubildende sowie die Einhaltung der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden.
2. Wir sind Werkstätten der Demokratie
„Demokratie braucht Bürgerbeteiligung, Meinungsaustausch und transparente Entscheidungen. Sie sind das beste Mittel gegen Politikmüdigkeit und Demokratieverdrossenheit.“ Wolfgang Schäuble, ehem. Bundestagspräsident
Eine demokratische Gesellschaft, die junge Menschen aktiv beteiligt und Demokratie als Lebensform[i] begreift, ist eine demokratische Gesellschaft, die sich selbst stärkt.
Junge Menschen sind nicht nur die Zukunft, sondern auch die Gegenwart. Wir fördern eine lebendige und starke demokratische Kultur, wenn wir ihnen Raum geben, sich zu engagieren, ihre Perspektiven einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. So kann langfristig sichergestellt werden, dass junge Menschen sich als Teil des demokratischen Prozesses begreifen. Die Selbstwirksamkeit in der Teilhabe fördert politisches Interesse und stärkt das Vertrauen in politische Strukturen und staatliche Institutionen.
Der Landesjugendring sowie seine Mitgliedsorganisationen verstehen sich, wie der Deutsche Bundesjugendring es treffend formuliert hat, als „Werkstätten der Demokratie“. Konkret heißt das, dass der Landesjugendring und seine Mitgliedsorganisationen durch ihren Bildungsaspekt und ihre politische Dimension gelebter Ort für eine demokratische Zivilgesellschaft sind.
Kinder und Jugendliche machen in einer Jugendgruppe im Jugendverband oder Jugendring ständig partizipative Erfahrungen, bei denen sie Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und Mitbestimmung erleben. Sie leisten so einen Beitrag zu einer von demokratischen Werten geprägten Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Diskriminierung – für Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus. In Jugendendverbänden wird Demokratie gelebt und gelernt.
Daher stehen wir:
- für ein demokratisches Baden-Württemberg
- für gelebte demokratische Prinzipien, wie sie in den Jugendverbänden und -vereinen gelebt und gelernt werden
- für eine inklusive Haltung und die Reflexion demokratischer Prozesse
- für den Einsatz für die Interessen der jungen Menschen und Einstehen für eine solidarische Gesellschaft
- gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus.
3. Starke Strukturen für eine starke Kinder- und Jugendarbeit
Baden-Württemberg ist das „Ehrenamts-Länd“ und soll es auch bleiben. Gerade im kritischen Jahrzehnt für das Ehrenamt in der Jugendarbeit[ii] braucht es eine Struktur, die diesem entgegenwirkt, um die vielfältigen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit in den Sozialräumen der jungen Menschen stattfinden zu lassen.
Auch die Zugangsmöglichkeiten zum Ehrenamt dürfen nicht davon abhängig sein, in welchem Sozialraum die Kinder und Jugendliche aufwachsen – sie müssen für alle jungen Menschen stimmen!
Eine hauptamtliche Grundstruktur von der Orts- bis zur Landesebene hilft engagierten jungen Menschen bei den vielen administrativen Aufgaben, die mit den Angeboten der Jugend(verbands)arbeit einhergehen. Außerdem können so gezielt Bildungsangebote für das Ehrenamt gemacht werden und dieses immer weiter qualifiziert werden.
Lebendiges Ehrenamt wird durch Hauptamt gestützt und gleichzeitig gestärkt. Mit einer solchen personellen Infrastruktur für die Kinder- und Jugendarbeit kann auch der aufsuchende Ansatz gestärkt werden. Gleichzeitig wird die Selbstwirksamkeit junger Menschen erhöht. Gerade die kommunalen Jugendringe und der Landesjugendring agieren in dieser Struktur als Fach- und Servicestellen für junges Engagement. Die Rahmenbedingungen und Hilfsstrukturen für junges Engagement müssen zukunftsfähig sein und entsprechend ausgestattet werden.
Das Fundament für tragfähige Strukturen bietet der Landesjugendring als der Ansprechpartner für die Belange von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Baden-Württemberg. Daher fordern wir als Landesjugendring für ein strukturell gestärktes „Ehrenamts-Länd“:
- Zusicherung des Bündnisschutzes für die Legislatur 2026-2031
- Erhalt und Modernisierung von Jugendbildungsstätten und Zeltplätzen
- Erhöhung und Dynamisierung der Institutionellen Förderung als Strukturförderung der Kinder- und Jugendarbeit
- Entbürokratisierung der Förderung von Jugenderholungs- und Jugendbildungsmaßnahmen
- Investitionen in die digitale Infrastruktur der Kinder und Jugendarbeit
- Novellierung des Freistellungsgesetzes.
--
[i] Zitat: Dewey, John (1930) Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. Breslau
[ii] 46 % der baden-württembergischen Bevölkerung sind ehrenamtlich engagiert, damit ist BW Spitzenreiter bei der Engagementquote. Aus: Hotlmann, Everhard/Jaeck, Tobias/Wahlleben, Odette (2023): „Länderbericht zum Deutschen Freiwilligensurvey 2019“, Halle-Wittenberg. S. 137
https://www.deinehrenamt.de/mm/FWS_2019-Lnderbericht_Mai_2022.pdf
und
In Baden-Württemberg gab es 2000 noch knapp 2,46 Millionen unter 21-Jährige. Bis zum Jahr 2020 verzeichnete diese Gruppe eine prozentuale Veränderung von -9 % (2,23 Millionen unter 21 Jahren). Aus: Ghiorghita, Bettina/Müller, Ann-Kathrin/Usslepp, Ursula: „Soziale Handlungsfelder im demografischen Wandel“, 2020, Hrsg. Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, Stuttgart, S. 6 https://www.kvjs.de/fileadmin/publikationen/soziales/Fokus_Demografischer_Wandel_BF.pdf